„Fight for Europe – Kämpfen für Europa!
21. Mai 2024Unser Beitrag für den Rechtsruck am 9. Juni
5. Juni 2024In fast allen Ländern der Welt würde man ein solches Jubiläum – 75 Jahre Grundgesetz – wohl euphorisch feiern. Alt-Bundespräsident Gauck spricht sich gar für die Einführung eines gesetzlichen Feiertags aus, um am 23. Mai eines jeden Jahres der feierlichen Verkündung des Grundgesetzes und damit der Gründung der Bundesrepublik zu gedenken.
Doch wären heute nicht alle Medien voll mit Berichten zu dem Thema, wer hätte gewusst, dass sich dieses historische Ereignis heute jährt? Und genau darin liegt ein großer Teil des Problems – auch dieser Tag hat, ähnlich wie der 3. Oktober, kaum etwas Identitäts- oder Gemeinschaftsstiftendes. Daran ändert auch nichts, dass der aktuelle und „stilecht“ mit einem Döner zu Auslandsreisen antretende Bundespräsident Steinmeier heute eine salbungsvolle Rede halten wird. Zur Beantwortung der Frage in der Überschrift könnte man Bücher schreiben. Hier sollen nur einige Überlegungen angestellt werden.
Überwindung eines Unrechtsregimes wurde nie gewürdigt
Das Problem geht schon am Anfang los. Die Entstehungsgeschichte kann nicht losgelöst vom Ende des Zweiten Weltkriegs und insbesondere nicht von den Diktaten der Sieger betrachtet werden. Wesentliche Richtungsentscheidungen traf nicht der vielfach gelobte Parlamentarische Rat, sondern viele Kernelemente des Grundgesetzes basieren auf Vorgaben der alliierten Besatzungsmächte. Auch hat es, entgegen der eindeutigen Bestimmung des Grundgesetzes als Provisorium, nie eine Volksabstimmung gegeben, um ihm eine starke demokratische Legitimation zu verleihen.
Das Problem geht weiter bei einer verpassten Gelegenheit: Die Vereinigung von Alt-BRD und DDR hätte man nutzen können und wahrscheinlich müssen, um nicht ein politisches System dem anderen überzustülpen, sondern aus den Erfahrungen beider Teile Deutschlands zu lernen und ein großes gemeinsames Ganzes zu schaffen. Hat man nicht gemacht, schließlich wollte man mit dem Thema Wiedervereinigung eine Wahl gewinnen. Somit kann es nicht verwundern, dass man in den östlichen Bundesländern am 23. Mai kaum Tränen der Rührung sieht – die Lebensgeschichte der Mitteldeutschen mitsamt Überwindung eines Unrechtsregimes wurde nie wirklich gewürdigt, stattdessen wurden ganze Biographien wirtschaftlich und sozial entwertet.
Identität des deutschen Volkes
Daran schließt sich der nächste Aspekt an, den man beim Grundgesetz berücksichtigen muss. Es wird oft und viel darüber geredet, was da so Tolles drinsteht. Vielleicht sollte man auch darüber sprechen, was man im Grundgesetz nicht findet. Eigentlich soll unser Land ein Sozialstaat sein – das hat allerdings bisher nicht dazu geführt, dass verbindliche soziale Rechte Einzug in das Grundgesetz gehalten haben. Recht auf Arbeit, Recht auf bezahlbaren Wohnraum oder andere soziale Grundrechte wären etwas, was einem echten Sozialstaat gut zu Gesicht stünde. Stattdessen beschneidet man mit übergriffigen Heizungsdiktaten die Eigentumsrechte von Millionen Bürgern und macht bezahlbaren Wohnraum selbst für die Mittelschicht zum Luxusgut.
Oder auch die Identität des deutschen Volkes. Vom deutschen Volk ist zwar in einigen Artikeln des Grundgesetzes die Rede – sogar in der Eidesformel des Bundespräsidenten in Artikel 56 GG, wonach er seine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen solle – doch kein Wort darüber, wie man dieses Volk als ethnisch-kulturelle Gemeinschaft bewahren will.
Doch das Grundgesetz weist auch viele Stärken auf. So enthält es zahlreiche Grundrechte, die es dringend zu verteidigen gilt. Bei einigen – wie zum Beispiel der Meinungsfreiheit, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Stichwort Corona-Zwangsmaßnahmen) und dem Schutz von Ehe und Familie fragt man sich allerdings, ob sie nur noch auf dem Papier existieren.
Schlimmeres verhindert
Oft ist vor allem in oppositionellen Kreisen die Rede davon, dass wir endlich eine Verfassung brauchen, die von einer Nationalversammlung erarbeitet und anschließend vom deutschen Volk in freier Selbstbestimmung beschlossen wird. Grundsätzlich ist es ein schöner Gedanke, wäre eine so zustande gekommene Verfassung mit entsprechender Mitwirkung des Volkes wohl tatsächlich ein Grund zum Feiern. Auch wäre die Entwicklung von der sogenannten repräsentativen Demokratie zur direkten Demokratie, bei der das Volk über existenzielle Fragen selbst entscheiden kann, sehr zu begrüßen.
Aber man muss realistisch sein: Wenn die, die aktuell in Deutschland das Sagen haben, jetzt eine Verfassung erarbeiten würden, wäre das ein Sammelsurium an Verrücktheiten und Absurditäten. Grund- und Freiheitsrechte würde man wohl vergebens suchen, vom deutschen Volk wäre gar keine Rede mehr. Eine solche Verfassung, entwickelt von Kühnert, Baerbock, Strack-Zimmermann und Lauterbach, wäre in jeglicher Hinsicht ein Rückschritt!
Insofern ist der Geburtstag des Grundgesetzes vielleicht kein Grund für pathetische Feiern, aber zumindest eine Erinnerung daran, dass dieses Grundgesetz bisher Schlimmeres verhindert hat. Trotz problematischer Entstehungsgeschichte, verpasster Chancen und vielem, was inhaltlich fehlt und schon geschliffen wurde, sollten wir es gegen diejenigen verteidigen, die unsere Rechte und Freiheiten noch mehr beschneiden wollen.
Ronny Zasowk